Ursachen von Krisen älterer Menschen
Menschen werden mit zunehmendem Lebensalter immer öfter mit belastenden Lebensereignissen konfrontiert.
In der Regel können diese Belastungen und Veränderungen mit Hilfe der im Leben erworbenen Erfahrungen und Bewältigungsmöglichkeiten und mit Unterstützung von Angehörigen und Freunden gut bewältigt werden.
Wenn Menschen jedoch einsam und isoliert sind, wenige oder keine sozialen Kontakte haben und das Gefühl haben, nicht mehr gebraucht zu werden, können Krisen rasch dazu führen, dass man keinen Ausweg mehr sieht. Vor allem älteren Menschen fällt es zudem oft schwer, Hilfe zu suchen und Unterstützung fremder Personen anzunehmen. Suchen Sie als Angehörige oder Freunde aktiv das Gespräch mit dem betroffenen älteren Menschen und zeigen Sie Verständnis, Interesse und Geduld für schwierige Gefühle!
Verlust des Partners / der Partnerin oder einer anderen nahestehenden Person
Der Verlust des Partners oder der Partnerin – oft nach langer Beziehung – gehört sicher zu den schmerzlichsten Erfahrungen des Alters. Neben dem Trauerprozess erfordert der Verlust des Partners oder der Partnerin unter Umständen auch eine Neuorganisation des Lebens. Aufgaben, die bisher der Partner oder die Partnerin erfüllt hat, müssen übernommen werden. Dazu gehört die Pflege sozialer Kontakte ebenso wie die praktische Lebensführung. Oft stellt dies Männer vor größere Probleme als Frauen. Besonders schwierig ist eine Neuorientierung, wenn der Partner oder die Partnerin die einzige emotionale Stütze war. Umso wichtiger ist es, bis ins hohe Alter auch möglichst viele soziale Kontakte zu pflegen!
Psychische Krankheiten im Alter
Depressionen sind die häufigste psychische Erkrankung im Alter. Depressive Menschen haben das Gefühl, nichts mehr wert zu sein und nicht mehr gebraucht zu werden. Jegliche Aktivität wird als mühsam erlebt, nicht einmal die täglichen Pflichten können erfüllt werden. Wenn das Interesse auch an jenen Dingen verloren geht, die man früher gerne gemacht hat, wird die Welt leer und freudlos. Diese Menschen ziehen sich aus ihren Beziehungen zurück. Die Hoffnung auf Besserung geht verloren, und die Selbsttötung kann als der einzige Ausweg gesehen werden, diesen quälenden Zustand zu beenden.
Besonders problematisch ist es, wenn zusätzlich zur Depression eine Alkoholabhängigkeit oder eine andere Suchterkrankung besteht oder Suchtmittel verwendet werden, um Schlaflosigkeit, Spannung oder quälendes Gedankenkreisen zu unterbrechen. Dies mag kurzfristig tatsächlich eine Linderung bringen, mittelfristig verstärken sich jedoch die Symptome und Probleme.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich bei Depressionen um eine häufige Krankheit handelt, die gut zu behandeln ist. Man muss sich nicht dafür schämen, dass man krank ist!
Körperliche Erkrankungen
Schwere körperliche Erkrankungen und Beschwerden können das Leben älterer Menschen nachhaltig beeinträchtigen und damit auch die Suizidgefahr erhöhen. Zusätzlich werden schwere Krankheiten oft von Depressionen begleitet. Dabei kommt es besonders häufig am Beginn der Erkrankung, insbesondere nach der Diagnosestellung, zu krisenhaften Entwicklungen mit Suizidgefahr. Beängstigend für Betroffene sind dabei zunächst mehr die Phantasien und Vorstellungen über die Erkrankung und ihre Folgen als die realen Umstände. Schmerz und zunehmende körperliche Einschränkungen, die damit verbundene Abhängigkeit von Unterstützung anderer bis hin zur Pflegebedürftigkeit werden dabei als besonders bedrohlich erlebt und können zu Gefühlen von vermindertem Selbstwertgefühl, Auswegs- und Hoffnungslosigkeit und damit zu suizidalen Entwicklungen führen.
An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass viele Menschen sich zunächst zwar durch eine schwere Krankheitsdiagnose bedroht fühlen, aber in weiterer Folge oft über eine große Anpassungsfähigkeit verfügen und lernen, auch schwerwiegende Veränderungen zu akzeptieren und einen Sinn in ihrem Leben zu finden!
Verlust der Selbstständigkeit
Das eigene Leben selbständig und unabhängig von der Hilfe anderer bewältigen zu können, ist in der Vorstellung vieler Menschen unerlässlich für Wohlbefinden und Zufriedenheit. Gerade im Alter muss aber zunehmend mit der Einschränkung von Fähigkeiten bis hin zur Pflegebedürftigkeit gerechnet werden. Wenn man die Möglichkeit verliert, den eigenen Alltag und die Beziehungen selbstbestimmt zu gestalten oder die Fähigkeit nicht mehr gegeben ist, die Körperfunktionen zu kontrollieren, kann dies das Erleben, abhängig und anderen ausgeliefert zu sein, verstärken. Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht lassen den älteren Menschen unter Umständen so verzweifeln, dass ein Suizid der scheinbar einzige Ausweg bleibt.
Dabei wird aber übersehen, dass wir letztendlich im gesamten Leben in unterschiedlicher Weise von der Unterstützung anderer abhängig sind, es also vollständige Autonomie gar nicht gibt. Wir alle bewegen uns zwischen Selbständigkeit und Geborgenheit, zwischen Autonomie und Abhängigkeit. Im Laufe unseres Lebens müssen wir also immer wieder ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen finden. Hilfe zu bekommen, Geborgenheit erleben zu können bedeutet auch immer das Aufgeben von Autonomie! Wir können uns jedoch immer – zumindest in unseren Gedanken und Vorstellungen – ein Stück Autonomie und Entscheidungsfreiheit bewahren!
Lebensveränderungen
Krisen können bei älteren Menschen auch durch veränderte Lebensumstände, die als belastend erlebt werden, ausgelöst werden.
Dazu gehört z.B. das Ausscheiden aus dem Berufsleben. Obwohl die Pensionierung nicht selten herbeigesehnt wird, wünschen sich viele knapp davor, den Zeitpunkt hinausschieben zu können. Unmittelbar nach der Berufsaufgabe ist die Einstellung dann oft besonders negativ. Der mit dem Ende des Berufslebens verbundene Verlust von Struktur, Bedeutung und Einfluss kann die eigene Identität in Frage stellen.
Auch zunehmende körperliche Beeinträchtigung, die zu steigender Abhängigkeit führt, eingeschränkte Lebensqualität durch Schmerzen und herabgesetzte Mobilität werden häufig als große Belastung erlebt. Pflegebedürftigkeit gehört zu jenen Einschränkungen des höheren Lebensalters, die von vielen Betroffenen am meisten gefürchtet wird. So kann der erzwungene Wechsel des Wohnortes, insbesondere die Übersiedlung in eine Pflegeeinrichtung, zu schweren Krisen führen.
An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass viele Menschen mittelfristig über eine große Anpassungsfähigkeit verfügen und lernen, auch schwerwiegende Veränderungen zu akzeptieren und einen Sinn in ihrem Leben zu finden!